studium.utb.de

Prüfungsangst

Wenn Anspannung und Nervosität vor und in Prüfungssituationen stark ausgeprägt sind, braucht es spezielle Techniken gegen Prüfungsangst. Irene Warnecke zeigt in Prüfungsangst bewältigen (S. 116–118), wie man mit schwierigen Situationen in schriftlichen und mündlichen Prüfungen umgehen und diese souverän meistern kann:

Schriftliche Prüfungen

Für schriftliche Prüfungen gilt zunächst, sich einen Überblick über die Fragen und den Aufbau der Prüfung zu machen. Lies dir dein Aufgabenblatt gut durch und beginne dann. Versuche die Absicht der Fragen richtig zu verstehen, damit du das Thema nicht verfehlst.
Wenn die Aufgaben aufeinander aufbauen, empfiehlt es sich, vorne anzufangen. Wenn die Fragen unabhängig voneinander sind, dann kannst du mit den Fragen beginnen, die für dich leicht zu beantworten sind. Danach wendest du dich den schwierigeren zu. Bei komplexen Aufgaben ist es sinnvoll, zunächst eine Gliederung der Antwort zu überlegen und erst dann mit dem Schreiben zu beginnen. Auch macht es Sinn, die zur Verfügung stehende Zeit gut einzuteilen, damit du nicht gegen Ende der Prüfung unter zu viel Druck gerätst. Je nach Prüfungsdauer empfiehlt es sich, zwischendurch kleine Pausen zu machen und auch mal einen Schluck zu trinken. Sollten dich Angstgedanken packen, wende immer wieder deine Bewältigungsstrategien an.
Einige schwierige Situationen in schriftlichen Prüfungen sollen nun beleuchtet und ein möglicher Umgang damit vorgestellt werden.

  1. Du verstehst eine Frage nicht und merkst, wie deine Anspannung steigt. Mache dir bewusst, dass dein Körper bei Stress automatisch mit einem schnelleren Herzschlag und Ähnlichem reagiert. Überprüfe deine Gedanken und korrigiere sie, wenn nötig. Eine kurze Atemübung kann guttun. Konzentriere dich dann wieder auf die Prüfung. Lies die Frage nochmals durch. Wenn du sie wirklich nicht beantworten kannst, ist dies keine Katastrophe. Gehe einfach zur nächsten Frage über. Man darf in Klausuren auch Dinge nicht beantworten und besteht trotzdem. Es ist nicht immer möglich, alles zu wissen
  2. Mitten im Schreiben geht es auf einmal nicht mehr weiter. Ein Blackout stellt sich ein. Eben wusstest du die Antwort noch, jetzt ist sie weg. Atme tief durch, leg Blätter und Stift kurz auf dem Tisch ab. Schließe gegebenenfalls kurz die Augen und erkläre dir selbst, was ein Blackout ist und dass es vorüber geht. Um besser mit deinen Gefühlen umgehen zu können, erinnere dich an das Wellenbild und arbeite damit. Die Wellen kommen, die Wellen gehen… Das Angstgefühl kommt, das Angstgefühl geht… Wiederhole deine hilfreichen Bewältigungssätze. Wenn du etwas zur Ruhe gekommen bist, steige wieder in das Schreiben ein. Gib nicht auf!
  3. Du gerätst unter Zeitdruck, hast das Gefühl, die Klausur im vorgegebenen Zeitrahmen nicht mehr fertigstellen zu können. Dadurch stellt sich Angst ein. Du überlegst, aufzugeben, alles hinzuschmeißen. Stopp! Hinterfrage deine Gedanken. Wäre es für dein langfristiges Ziel sinnvoll, diese Klausur abzubrechen? Woher willst du wissen, dass es nicht zum Bestehen reicht? Hast du Beweise? Atme tief durch und korrigiere deine Gedanken. Mache dich dann wieder an die Beantwortung der Aufgaben. Die Prüfung ist erst zu Ende, wenn der Prüfer Bescheid gibt. Du kannst es zumindest probieren.
  4. Du bekommst während der Prüfung Angst zu versagen, denkst, dass deine Antworten inhaltlich nicht gut genug sind. Dass du die erwünschte Note nicht erzielen kannst. Auch hier gilt: Lass das Grübeln! Es kostet dich Zeit und bringt dich nicht vorwärts. Du kannst in diesem Moment nur dein Bestes geben. Und zwar das Beste was jetzt gerade möglich ist. Selbstabwertung hilft dir nicht weiter. Mache vielleicht eine kurze Atemübung. Stelle dir vor wie es sein wird, wenn du die Prüfung hinter dir hast. Male dir ein positives Bild und schreib weiter

Mündliche Prüfungen

In mündlichen Prüfungen gibt es neben dir und den Prüfungsfragen noch eine gewichtige Komponente, die einen Einfluss auf dich und dein Prüfungsverhalten haben kann: Es sind weitere Menschen anwesend. Das heißt, eine deiner Aufgaben, neben der Beantwortung der Fragen, ist die zwischenmenschliche Interaktion. Dennoch ist es, wie du bereits weißt, am wichtigsten, dass du versuchst, dich primär auf die Fragen und den Inhalt zu konzentrieren. Auch in mündlichen Prüfungen können schwierige Situationen auftreten. Einige Beispiele und Bewältigungsstrategien findest du hier.

  1. Der Prüfer stellt eine Frage, aber du weißt die Antwort nicht. So etwas kann passieren, du hast die Möglichkeit, dir die Frage nochmals genauer erklären zu lassen, indem du nachfragst. Vielleicht hilft dir das auf die Sprünge. Wenn nicht, kannst du darum bitten zunächst eine andere Frage beantworten zu dürfen und diese vielleicht später nachzuholen. Wenn du die Antwort absolut nicht weißt, ist es sinnvoll dies zuzugeben und um eine neue Frage zu bitten. Es kann jedem passieren, dass er eine Frage nicht beantworten kann. Du bist schließlich ein Mensch und nicht Google. Und selbst Google kann nicht alle Fragen richtig beantworten.
  2. Der Prüfer redet von sich aus sehr viel. Du hast das Gefühl, gar nicht richtig zu Wort zu kommen. Du kannst höflich das Angebot machen, zu den Themen etwas beitragen zu dürfen. Zuzustimmen und etwas zu ergänzen ist eine weitere Möglichkeit, um dich und dein Wissen ins Spiel zu bringen. Lass dich nicht aus der Ruhe bringen, es ist doch gut, dass du so viel weißt, das du beitragen möchtest.
  3. Der Prüfer stellt eine Frage und du verstehst sie nicht. Wenn du sie akustisch nicht verstanden hast, äußere dies und lass den Prüfer die Frage noch einmal wiederholen. Wenn du die Frage inhaltlich nicht verstehst, kann eine Rückfrage auch hilfreich sein. Eine mögliche Formulierung wäre: „Habe ich Sie richtig verstanden, Sie möchten wissen…“ Nachfragen führt nicht zu einer schlechteren Bewertung. Was kannst du zum Beispiel dafür, wenn der Prüfer undeutlich spricht?! Such die Verantwortung nicht sofort bei dir.
  4. Der Prüfer spricht ein dir unbekanntes Thema an. Du kennst die Antwort nicht. Du kannst versuchen, auf ein anderes Thema, mit dem du dich auskennst, umzulenken oder aber zugeben, dass du mit diesem Themenbereich wenig vertraut bist. Sei selbstbewusst! Wenn du auch zu deinen Lücken stehst, macht es einen besseren Eindruck, als wenn du jetzt unsicher wirst.
  5. Dir fällt auf, dass du auf eine vorherige Frage falsch geantwortet hast. Sprich dies an und korrigiere deine frühere Antwort.
  6. Du bekommst ein Blackout. Möglicherweise löst eine Frage starke Anspannung bei dir aus. Mach dir bewusst, was gerade passiert. Das Blackout wird vorübergehen. Atme tiefdurch, eine kurze Pause im Redefluss wird oft vom Prüfer gar nicht bemerkt. Wiederhole vielleicht die Frage des Prüfers noch einmal und versuche dann zu antworten. Wenn dir die Antwort nicht direkt einfällt, erzähle einfach noch etwas anderes, das zum Themengebiet gehört und komme dann zur Frage zurück. Gib nicht auf, ein Blackout ist nicht das Ende der Prüfung. Es wird weitergehen. Du kannst auch zunächst um eine andere Frage bitten und diese zurückstellen lassen.
  7. Der Prüfer reagiert unfreundlich oder kritisch. Auch Prüfer sind Menschen. Was nicht heißt, dass es in Ordnung ist, in einer Prüfung unfreundlich zu werden. Dies hat allerdings wahrscheinlich überhaupt nichts mit dir zu tun. Und selbst wenn es mit dir zu tun hätte: Was hilft dir jetzt wirklich weiter? Du willst die Prüfung möglichst gut hinter dich bringen. Konzentriere dich also auf dein Ziel. Sorge für deinen Selbstwert in diesem Moment. Stehe zu dir und dem Gesagten. Du bist gut vorbereitet. Bleibe freundlich und professionell.
  8. Du bist in der Prüfung und bekommst starke Prüfungsangst. Mach dir bewusst, dass Angst ein Gefühl ist. Denke an das Wellenbild. Dein Körper kann das regulieren. Überprüfe deine Gedanken. Korrigiere sie, wo notwendig. Richte dich innerlich wie äußerlich auf. Du schaffst das. Denke an dein positives Bild der Prüfung. Es wird gut werden. Du schaffst das. Fokussiere dich wieder auf die Fragen. Mach dir nicht so viele Gedanken, was der Prüfer von dir denken könnte. Du bist in Ordnung. Du bist gut vorbereitet.

Zusatzmaterialien: Arbeitsblätter zum » Download
(Checkliste Prüfungsangst, Checkliste Prüfungen, Projektplanung, Tagesplanung, Analyse Lernstrategien, Lerntagebuch, Übungsschema „Bewertungen verändern“)

Buchtipps