In seinem utb-Band Viel Stoff – schnell gelernt erklärt euch Martin Lehner, wie ihr euch das Gelesene am besten merken könnt.
„Vor dem Lesen: das Lesen vorbereiten. (…) während des Lesens: gezielt lesen. (…) Nach dem Lesen: das Gelesene nachbearbeiten und wiederholen. “Diese von Christoph Metzger formulierte einfache Grundstruktur gilt für unterschiedliche Zielstellungen beim Lesen. Sie findet sich auch in der sogenannten PQ4R-Technik, die zwischenzeitlich auch empirisch gut bewährt ist. Sie soll hier als Basis für Hinweise zum prüfungsbezogenen Lesen dienen. Die PQ4RTechnik unterscheidet sechs Phasen, die es dann für Prüfungszwecke noch zu adaptieren gilt:
Die ersten beiden Schritte „Preview“ und „Question“ hängen eng miteinander zusammen. Zunächst geht es in der ersten Phase darum, sich einen Überblick zu verschaffen und herauszufinden, welche Textstellen, Abschnitte oder Kapitel möglicherweise von besonderer Bedeutung für das angestrebte Leseziel sind.
Gleichzeitig bildet dieses Überblickslesen die Grundlage für die anschließend in der zweiten Phase zu formulierenden Fragen an den Text. „Question“ fordert dazu auf, Fragen an den Text zu richten, die es dann im Weiteren zu beantworten gilt. Um möglichst viel aus dem Text „herauszuziehen“, ist es sinnvoll, eine fordernde Haltung zu entwickeln: Das will ich wissen! Gezieltes und fragendes Lesen erhöht den Lernerfolg. Tatsächlich ist es so, dass Textpassagen besser behalten werden, wenn sie mit einer fragenden Grundhaltung gelesen werden. Ein Text wird in diesem Fall nicht nur „einfach so“ gelesen, sondern jeder Textteil ist eine mögliche Antwort auf eine vorher gestellte Frage. Die Fragen erfüllen quasi die Funktion einer speziellen Brille, mit der Sie den Text lesen. Als Leser muss man – durch die Fragen angeregt – permanent Entscheidungen treffen: Ist das eine mögliche Antwort auf eine der Fragen – oder nicht? Dieses Mehr an gedanklicher Aktivität kommt aber nicht nur den als mögliche Antworten identifizierten Textpassagen zugute, sondern – wenn auch wahrscheinlich mit einer geringeren Intensität – den anderen Textteilen. Dies konnte auch in Studien gezeigt werden: Das Textverständnis erhöht sich, wenn der Text unter Berücksichtigung spezifischer Fragestellungen gelesen wird. Teilweise wurden doppelt so viele korrekte Antworten im Vergleich zum Textlesen ohne spezifische Fragen festgestellt.
Die nächsten beiden Schritte „Read“ und „Reflect“ können ebenfalls zusammen vorgestellt und erläutert werden. Durch die Fragen angeregt, ist das Lesen nun eines im Sinne einer „tiefen Verarbeitung“; im Idealfall wird gründlich gelesen und verstehend rezipiert. Dabei kann die gedankliche Verarbeitung nicht nur dadurch befördert werden, dass Fragen beantwortet werden, sondern auch, indem bestimmte Hervorhebungstechniken angewendet werden. Im einfachen Fall werden Unterstreichungen von Schlüsselwörtern vorgenommen, wobei das Ziel darin besteht, mit einem Minimum an Unterstreichungen ein Maximum an wichtigen Inhalten zu kennzeichnen (Abb. 28). Im komplexeren Fall erfolgt ein verarbeitungsintensives Textstudium durch das Anfertigen von Notizen wie beispielsweise Anmerkungen, Fragen, Einwänden und Ergänzungen (Abb. 29 und Abb. 30). Das Vorgehen hängt hierbei vom Umfang des Textes ab: Bei einem längeren Text ist es sicherlich angeraten, mit Unterstreichungen und tendenziell weniger Notizen zu arbeiten. Ein kürzerer Text bietet aber durchaus die Möglichkeit eines verarbeitungsintensiveren Lesens. Gerade bei anspruchsvolleren Texten zeigt sich, dass „Read“ und „Reflect“ eng zusammenhängen. Hier ist das Lesen – und damit die Aneignung der Inhalte – eine Art Übersetzung. Solche Transformationsleistungen helfen dabei, das Gelesene nachzuvollziehen und den Stoff zu verarbeiten. Dabei werden die neuen Inhalte mit dem bisherigen Wissen verknüpft und Bezüge zu anderen Wissensbereichen und Texten hergestellt. Dabei kann auch die Selbstbefragung helfen: Was bedeuten die Textaussagen für mich? Wie fügen sie sich in mein Wissen und meine Praxis ein? Teilweise werden Textaussagen auch bewertet und kritisiert, falls erforderlich auch umstrukturiert oder korrigiert.