Der Klügere liest rot.

Lerntechniken und Wissensmanagement: Organisation ist alles

Lernen kann man lernen. Hier lernen Sie einige Methoden kennen, die dazu geeignet sind, Ihre eigenen Kompetenzen in den Bereichen der kognitiven, metakognitiven und ressourcenbezogenen Lernstrategien zu fördern.  Im Folgenden werden Ihnen anhand von Fallbeispielen verschiedene Lernschwierigkeiten und dazu passende Lösungsansätze vorgestellt.

Jasmin Bastian und Lena Groß-Mylnek bieten in ihrem utb-Band Lernen und Wissen Methoden, die dabei helfen das Lernen zu organisieren.

Jasmin Bastian und Lena Groß-Mylnek sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Erziehungswissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Methode: Begriffe merken

Testen Sie zunächst einmal Ihre Merkfähigkeit. Prägen Sie sich dazu die folgende Liste von Gegenständen 12 Sekunden lang ein und decken Sie die Wörter dann ab.


 

Wie viele Gegenstände können Sie wiedergeben?

Den meisten Menschen fällt es schwer, alle Begriffe wiederzugeben. Ein einfacher Trick, um sich einzelne Begriffe, Daten oder Zahlen zu merken, ist die Herstellung eines memorialen Systems. Dazu wird ein Begriff beim Merken mit einem Ort verknüpft, welchen Sie sich bildlich vorstellen. Sie können die Dinge beispielsweise in Gedanken an bestimmten Stellen in Ihrer Wohnung positionieren oder an verschiedenen Orten auf dem Weg zur Universität, den Sie im Geiste entlang wandern, ablegen.

Die Erinnerung anhand eines memorialen Systems könnte zum Beispiel so lauten:

Stellen Sie sich vor, wie Sie gerade Ihre Wohnung verlassen und sich auf den Weg zur Universität machen. Beim Verlassen der Wohnung fällt Ihnen auf, dass die Zahnbürste auf dem Schlüsselbrett liegt. Im Hausflur steht das Bügelbrett, die Taschenlampe hängt an der Eingangstür, vor der Eingangstür hat jemand seine Ohrenschützer verloren, auf der Straßenkreuzung liegt eine Krawatte, an der Bushaltestelle liegt ein Plastikteller auf der Bank, im Bus hängt eine Regenjacke, beim Austeigen zündet sich jemand eine Zigarette mit einem Feuerzeug an, am Straßenrand liegt ein altes Kopfkissen, gegenüber steht ein Pärchen und macht mit einer Fotokamera Bilder von einem riesigen Sonnenschirm. Darunter steht ein Mann und verkauft Wasserflaschen.

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, ein memoriales System zu erschaffen. Probieren Sie es selbst aus.

Methode: Mitschreiben

Mitschriften sind eine unverzichtbare Grundlage für die Vorbereitung von Prüfungen, Hausarbeiten oder kommenden Veranstaltungen. Im Laufe Ihres Studiums fertigen Sie zahlreiche Mitschriften an, so entsteht ein Privatarchiv von persönlichen Aufzeichnungen, auf das Sie später immer wieder zurückgreifen können. Das ist jedoch oft einfacher gesagt, als getan.

Patrick besucht einige Vorlesungen. Meistens kann er dem Professor gut folgen, aber zum Mitschreiben kann er sich nur selten durchringen. Wenn er es dann doch einmal versucht, hat er das Gefühl gar nicht mehr mitzukommen. Der Dozent spricht und erklärt Zusammenhänge so schnell, dass Patrick mit dem Schreiben nicht nachkommt. Er muss sich so stark auf seine Notizen konzentrieren, dass er gar nicht mehr richtig zuhören kann. Dadurch ist er nach jedem Versuch Vorlesungsnotizen zu machen frustriert. In den folgenden Sitzungen lässt er das Mitschreiben wieder bleiben, weil er das Gefühl hat, dass er es einfach nicht kann.

 1. Die Warming-Up-Phase:

  • Informieren Sie sich vor einer Veranstaltung darüber, was Sie erwartet. Meist helfen Ihnen hier ein Vorlesungsplan, der Titel eines Referates oder ähnliches.
  • Fragen Sie sich, was Sie schon von dem Thema wissen. Haben Sie schonetwas über den Inhalt gehört, gelesen oder erfahren? Schlagen Sie gegebenenfalls in Ihren Unterlagen nach.
  • Formulieren Sie vorab schriftlich Fragen, die Sie an die Veranstaltung haben. Welche Begriffe, Widersprüchlichkeiten oder inhaltlichen Fragen möchten Sie klären?

 2. Die Notiz-Phase:

  • Vermeiden Sie es wörtlich mitzuschreiben! Wenn Sie eigene Worte wählen, erhöht sich das Verständnis des Gehörten und das eigene Mitdenken wird gefördert.
  • Schreiben Sie nur kurze Sätze oder Schlagworte und verwenden Sie Abkürzungen oder Symbole. Stellen Sie Zusammenhänge bildlich oder schematisch dar.
  • Nutzen Sie dabei den ganzen Platz auf Ihrem Blatt. Kreisen Sie Wichtiges ein, setzen Sie Pfeile für Verbindungen, notieren Sie sich Assoziationen, Bezüge und Querverbindungen zu anderen Gebieten.
  • Hören Sie genau zu: Formulierungen, wie manchmal, je nachdem oder selten sind relativierende Aussagen. Unterscheiden Sie zwischen Fakten und der persönlichen Meinung oder Einschätzungen des Vortragenden.
  • Nutzen Sie Redundanzphasen des Vortrages (diese werden Ihnen durch Formulierungen, wie zur Illustration, nehmen wir zum Beispiel etc. deutlich gemacht), um festzustellen, ob Sie das vorher Gesagte verstanden haben.
  • Stellen Sie Zwischenfragen, wenn Ihnen Unklarheiten auffallen.
  • Überprüfen Sie, ob die von Ihnen vorab formulierten Fragestellungen geklärt sind.

3. Die Überarbeitungs-Phase:

  • Überarbeiten Sie Ihre Notizen zeitnah. Nach einer Veranstaltung sollten Sie so früh wie möglich Ihre Mitschriften überarbeiten, da das Gesagte dann noch präsent ist.
  • Schließen Sie Wissenslücken. Thematisieren Sie Verständnisschwierigkeiten im Anschluss im Gespräch mit Kommilitonen oder klären Sie Lücken mit Hilfe von Fachbüchern.

Methode: Exzerpt

Unter dem Begriff exzerpieren (lat. excerpere = herauspflücken) versteht man das auszugsweise Wiedergeben bzw. Herausschreiben von Informationen bei der Lektüre eines Textes. Die Textstellen können Sie dabei entweder als längere Zitate wörtlich wiedergeben oder in eigenen Worten kurz zusammenfassen. Das Ziel des Exzerpierens ist es, auf den Inhalt eines Textes zu späteren Zeitpunkten zurückgreifen zu können, ohne den Originaltext nochmals lesen zu müssen.

Vorteile der Methode:

  • Das Textverständnis wird gründlicher, da Sie den Text nicht nur mit Randbemerkungen versehen, sondern die zentralen Gedanken in eigenen Worten wiedergeben.
  • Der Rückgriff auf die Inhalte des Originaltextes fällt Ihnen leichter, da das Exzerpt viel kürzer ist und nur wesentliche Inhalte enthält.
  • Der Weg vom Lesen zum Schreiben wird durch das Exzerpieren verkürzt. Sie lösen sich durch diesen Vorgang ein Stück vom Originaltext und geben dem Text eine eigene Struktur.

Vorgehen:

  • Verschaffen Sie sich durch ein erstes Lesen einen Überblick über den Text im Hinblick auf folgende Fragestellungen:

– Was versprechen Titel und Untertitel?
– Was wissen Sie über den Autor? Hat er schon andere Texte zum Thema veröffentlicht?
   Welcher »Schule« oder »Denkrichtung« gehört er an?
– Wann wurde der Text veröffentlicht?
– Was Verspricht der Klappentext?
– Wie ist das Inhaltsverzeichnis strukturiert?

  • Unterteilen Sie anschließend den Text in Sinnabschnitte und formulieren Sie das Thema jedes Abschnitts. Dabei können Ihnen die Kapitel, Abschnitte und Absätze des Textes behilflich sein.
  • Zitieren Sie Definitionen, Hauptbegriffe und wichtige Thesen im originalen Wortlaut. Überleitungen, Beispiele und Argumentationsketten können Sie hingegen leicht in eigenen Worten zusammenfassen.
  • Versprachlichen Sie Beziehungen im Text: »Der Autor definiert den Begriff …« oder »Der Autor bringt … als Beispiel für …« oder »Für … führt der Autor den Grund an, dass …«.
  • Kommentieren Sie den Text und formulieren Sie Kritikpunkte und Einwände. Markieren Sie diese eigenen Stellen besonders. Wenn es sich um einen längeren Text oder ein Buch handelt, können Sie später Zusammenfassungen eines Abschnitts zu Zusammenfassungen eines Kapitels verdichten.
  • Fügen Sie dem Exzerpt die bibliographischen Angaben und evtl. auch die Signatur der Bibliothek hinzu und vermerken Sie die Textsorte.
  •  Notieren Sie sich innerhalb des Exzerpts die Seitenzahlen, damit Sie gegebenenfalls später auf das Buch verweisen können, ohne die Seitenzahl noch einmal nachschlagen zu müssen.

Weitere Methoden, mit denen Sie das Lernen organisieren können finden Sie in dem Buch Lernen und Wissen.