Wenn der Lernstoff einen nicht interessiert und das aktive Lernen mühselig erscheint, neigen wir oft zu Ausweichverhalten. Plötzlich erscheinen Aufgaben, die man sonst eigentlich auch nicht gerne erledigt, wie das eigene Zimmer aufräumen, das Bad putzen oder die Wäsche machen, sehr attraktiv. Vielleicht lässt man auch nur noch kurz eine Folge von der Lieblingsserie laufen und bedient sich dem Eskapismus.
Franz Schott gibt in seinem utb-Band Lernen, verstehen, Prüfungen meistern wertvolle Tipps zur Selbstkontrolle:
Behandelte Fragen:
1. Was verstehen wir unter Selbstkontrolle?
2. Wie kann Selbstkontrolle beim Lernen helfen?
Was verstehen wir unter Selbstkontrolle?
Selbstkontrolle nennen wir eine Maßnahme einer Person, aktiv einer Versuchung zu widerstehen, etwas zu tun, was angenehmer ist als die eigentlich beabsichtigte Handlung.
Wie kann Selbstkontrolle beim Lernen helfen?
Selbstkontrolle kann beim Lernen sehr nützlich sein, wenn es darum geht, sich nicht ablenken zu lassen: Sie wollen sich auf die Aneignung eines Lernziels konzentrieren. Dazu kann es notwendig sein, dafür zu sorgen, dass es nicht zu Ausweichverhalten kommt. Unter Ausweichverhalten verstehen wir ein Verhalten, mit dem man bezweckt das eigentliche angestrebte Verhalten, in unserem Fall eine geplante Lerntätigkeit, zu vermeiden oder zumindest aufzuschieben.
Statt sich zum Beispiel mit dem ungeliebten Lehrbuch zu beschäftigen (geplante Lerntätigkeit), machen Sie lieber erst einmal den Abwasch (Ausweichverhalten). Abwaschen ist zwar auch nicht besonders attraktiv, aber in diesem Fall immer noch angenehmer als die angestrebte Lerntätigkeit.
Da dieses Ausweichverhalten einen Teil des Arbeitsproblems darstellt, wollen wir es hier Problemverhalten nennen.
Die Verhaltensabfolge, die beim Problemverhalten auftritt, könnte z.B. folgendermaßen aussehen (V steht für Verhalten):
Wie Sie wahrscheinlich aus eigener Erfahrung wissen, ist es umso schwerer, aus dieser Verhaltensabfolge, diesem Ausweich- oder Problemverhalten herauszukommen, je tiefer man hineingeraten ist (denn die Beschäftigung mit den interessanten Zeitschrift en empfindet man als wesentlich angenehmer, es hat positive Konsequenzen – im Gegensatz zu der Beschäftigung mit dem ungeliebten Lehrbuch).
Jetzt geht es darum, ein Kontrollverhalten einzuführen, um diese vom Lernen abhaltende Verhaltensabfolge zu unterbrechen und durch eine andere zu ersetzen, die ein erwünschtes Verhalten beinhaltet. Dabei wird ein Verhalten, das möglichst am Anfang der unerwünschten Verhaltensabfolge steht, zum Auslöser für eine andere Verhaltenssequenz, welche das unerwünschte Verhalten vermeidet. Diesen Prozess können Sie sich an dem Schema in Abbildung 2 verdeutlichen.
Hier wird z.B. das Platznehmen am Schreibtisch (V1) zum Signal, die interessanten, aber ablenkenden Zeitschrift en vom Tisch zu räumen (VC1) und alle notwendigen Arbeitsutensilien hinzulegen (VC2), um dann mit dem Lernen beginnen zu können. Die Verhaltensweisen V2 und V3 kennzeichnen hier das Ausweich- oder Problemverhalten, welches durch die Kontrollverhalten VC1 und VC2 verhindert wird (das c in VC1 und VC2 weist darauf hin, dass es sich um Kontrollverhalten handelt).
Zusammenfassung:
Unter Selbstkontrolle wird hier die Maßnahme einer Person verstanden, aktiv einer im Moment störenden Versuchung zu widerstehen. Dazu bedarf es eines Signals, welches anzeigt, dass in der betreff enden Situation die Gefahr besteht, die angestrebte, aber weniger angenehme Tätigkeit nicht aufzunehmen, sondern mit einem Ausweichverhalten zu vermeiden. Dieses Signal soll dazu führen, die Situation so zu gestalten, dass man sich auf die angestrebte, weniger angenehme Tätigkeit – hier die Lerntätigkeit – konzentrieren kann.
Übungsaufgaben:
1. Machen Sie sich Ihr Ausweichverhalten bewusst: Was tun Sie, um nicht zu lernen? Was sind Auslöser für dieses Verhalten?
2. Überlegen Sie, wie Sie beim Lernen eine Selbstkontrolle im eben erläuterten Sinne einsetzen können!
3. Warum ist es manchmal schwer, eine solche Selbstkontrolle aufrechtzuerhalten – und was kann man dagegen tun?