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Berufseinstieg

„Und was willst du nach dem Studium machen?“ Diese Frage hat jede:r schon einmal gestellt bekommen. Doch welcher Job passt zu dir und deinen Fähigkeiten? Verschiedene Methoden, wie man die eigenen Kompetenzen herausfindet, zeigt Matthias Schwarzkopf in Finde deinen Job! (S. 17–24):

Selbstbeschreibung

Um Ihre Kompetenzen etwas differenzierter herauszufinden, ist es sinnvoll, zwei Bereiche von Kompetenzen zu unterscheiden: die fachlichen und die personale Kompetenzen.
Fachliche Kompetenzen sind neben den konkreten Inhalten, die Sie im Studium gelernt haben, die Methoden, die Sie benutzen, Sprachkenntnisse usw. Ob Sie die Statik eines Bauwerks berechnen, Geschäftsabschlüsse erstellen, sich in bestimmten historischen Epochen auskennen, Foucault und Bourdieu miteinander in Beziehung setzen, bestimmte Maschinen/Methoden im Labor benutzen und die Daten auswerten können – all dies sind fachliche Kompetenzen.
Personale Kompetenzen im Unterschied dazu können Sie auch völlig unabhängig von Ihrem Studienfach haben. Dazu gehört etwa: kommunikative Kompetenz, sich durchsetzen können, Zeit- und Selbstmanagement, Disziplin, Kreativität, mit Geld umgehen können, argumentieren können, unternehmerische Kompetenz, Managementkompetenzen etc. Viele dieser Kompetenzen haben auch fachliche Anteile, aber die Anteile, die in Ihrer Person begründet liegen, überwiegen.

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Feedback

Feedback bedeutet, dass Sie sich eine Rückmeldung geben lassen, welche Kompetenzen Sie haben. Der Begriff „Feedback“ impliziert ein Missverständnis: Man könnte annehmen, dass Sie auch negative Dinge über sich hören wollen, also das, was Sie nicht können. Das ist für die Stellensuche nicht hilfreich, im Gegenteil, es wird Sie blockieren. Bitten Sie die Personen, die Sie nach Feedback fragen, ausdrücklich darum, Ihnen keine negativen Elemente zu nennen. Genauso ist es in diesem Schritt nicht nötig, dass Ihnen schon gesagt wird, welche Berufe Sie damit ergreifen könnten.

Feedback ist besonders hilfreich, weil wir oft das, was wir können, selbst nicht besonders gut wahrnehmen und die Menschen aus unserem Umfeld Kompetenzen und Eigenschaften an uns schätzen, die wir nicht sehen. Anders ausgedrückt: Wir sind oft für unsere eigenen Fähigkeiten blind. Um Feedback einzuholen, ist es sinnvoll, mehrere Personen zu fragen. Denn normalerweise haben verschiedene Personen verschiedene Eindrücke von uns. Außerdem ist es sinnvoll, diese Personen aus verschiedenen Kontexten zu wählen. Zum Beispiel Kommilitonen, die Sie aus dem Studium kennen, Dozentinnen, Freunde aus dem Sportverein, Geschwister etc. Fragen, die Sie stellen können, sind folgende:

  • Was würdest Du sagen, kann ich gut?
  • Was sind meine Stärken?
  • Mit welchem Problem würdest Du Dich an mich wenden?
  • Wovon hast Du den Eindruck, dass es mir leicht fällt?
  • Welche Softskills sind bei mir ausgeprägt?
  • Welche fachlichen Kompetenzen sind bei mir vorhanden?

Wie bei Ihrer Selbstbeschreibung bitten Sie auch hier darum, dass Ihnen konkrete Beispiele genannt werden.

Kompetenztagebuch

Eine weitere Strategie, die ich Ihnen vorstellen will, ist das Kompetenztagebuch. Das Kompetenztagebuch hilft besonders gut, alltagsnah die eigenen Fähigkeiten zu reflektieren und zu erfassen. Wenn Sie unsicher sind, was Sie können, empfehle ich Ihnen, das Kompetenztagebuch mindestens einmal in der Woche für eine Dauer von mindestens drei Monaten zu schreiben.
Wie sollten Sie vorgehen? Setzen Sie sich am besten am Ende der Woche hin und legen Sie vor sich einen Kalender. Beginnen Sie nun mit dem letzten Montag und gehen Sie die Stunden des Tages durch. Fragen Sie sich: Was habe ich in den einzelnen Stunden alles gemacht? Gehen Sie so detailliert wie möglich durch den Tag und benennen Sie zuerst einfach die Tätigkeiten, die Sie ausgeführt haben. Wenn Sie die Tätigkeiten aufgeschrieben haben, fragen Sie sich, welche Kompetenzen Sie in den jeweiligen Situationen eingesetzt haben.
Beispiel: Sie haben für Ihre Bachelorarbeit Literatur recherchiert. Indem Sie das getan haben, haben Sie vermutlich auf eine Recherchekompetenz zurückgegriffen und eine Kompetenz zur Systematisierung genutzt. Grundlage der Recherche war, dass Sie konkretes Wissen aus einem Teilgebiet Ihres Studienfachs haben. Notieren Sie auch ein oder zwei Schlagworte für dieses Wissen!
Auch hier gilt wieder: Sie müssen nicht perfekt sein . Dass Sie in der Lage sind, zu recherchieren und Ergebnisse zu erzielen, zeigt, dass Sie diese Kompetenzen in einer bestimmten Weise besitzen müssen.
Ein weiteres Beispiel: Sie haben im Labor bestimmte Untersu-chungen gemacht: Das kann bedeuten, dass Sie wissen, wie bestimmte Maschinen benutzt werden, wie Daten interpre-tiert werden, wie diese Daten entstehen . Sie können Ihre Ergebnisse protokollieren, Sie können in einer bestimmten Weise systematisch und sauber arbeiten etc.

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Zugang über Freizeitaktivitäten

Eine andere Methode, über Ihre Kompetenzen nachzudenken, ist zu schauen, was Sie in Ihrer Freizeit am liebsten machen, welche Hobbys Sie haben, welche Sportarten Sie betreiben usw. Ich empfehle diese Methode insbesondere dann, wenn Sie sehr unsicher sind, was Sie arbeiten wollen. Sie finden so Tätigkeitsfelder, an die Sie im Zusammenhang mit Ihrem Studium vielleicht nicht gedacht haben.
Gehen Sie folgendermaßen vor: Nehmen Sie sich ein Hobby, eine Sportart oder eine andere Freizeitbeschäftigung, die Sie wirklich gern machen. Fragen Sie sich, was Sie daran besonders gut können. Überlegen Sie wieder, welche Kompetenzen damit verbunden sind und schreiben Sie sie auf. Ein Beispiel: Sie spielen in Ihrer Freizeit gerne Fußball. Sie spielen nicht im Verein, Sie treffen sich einfach mit Freunden; Sie trainieren auch nicht, Sie spielen einfach. Schauen Sie sich nun bitte an, wie Sie spielen. Spielen Sie gut mit den anderen zusammen? Organisieren Sie das Team? Spielen Sie, weil der Wettkampf Sie begeistert? Spielen Sie, weil Sie gern Ihre Freunde treffen? Spielen Sie, weil Sie sich körperlich dabei anstrengen? Sie sehen, es gibt viele verschiedene Arten, ein Hobby auszuüben. Genauso werden daran verschiedene Kompetenzen sichtbar. Sie könnten eine eher technische Kompetenz der Ballbeherrschung haben, oder eine Kompetenz, ausdauernd dabei zu bleiben, oder die Fähigkeit, andere Menschen zu begeistern.

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Biografischer Zugang

Der biografische Zugang ist die letzte Möglichkeit, die ich Ihnen in diesem Buch zeigen will. Sie können über das Arbeiten mit Ihrer eigenen Biografie weitere Kompetenzen herausfinden. Beginnen Sie für das biografische Arbeiten am besten mit Ihrer Grundschulzeit. Fragen Sie sich:

  • Was waren damals meine Lieblingsbeschäftigungen?
  • Was waren die Lieblingsspiele?
  • Wobei war ich in der Schule besonders gut?
  • Was habe ich außerhalb der Schule gemacht?
  • Was wollte ich damals eigentlich werden?
  • In den Ferien – was habe ich gemacht, wenn ich alle Freiheiten hatte?

Versuchen Sie aufzuschreiben, welche Kompetenzen Ihren damaligen Tätigkeiten, aber auch Ihren Wünschen entsprechen.

Für das Alter von 14 Jahren bis zum Abitur stellen Sie sich dieselben Fragen und ergänzen Sie, was Sie alles neben der Schule gemacht haben:

  • Haben Sie Sport allein/mit Freunden in einem Verein gemacht?
  • Haben Sie ehrenamtlich gearbeitet?
  • Waren Sie politisch aktiv?
  • Haben Sie bestimmte Aufgaben in der Familie übernommen?
  • Wofür sind Sie damals gelobt worden?
  • Was haben andere damals in Ihnen gesehen: Was hielten sie für Ihre Stärken und wieso?

Schreiben Sie nun auch hierzu wieder auf, an welche einzelnen Geschichten und Situationen Sie sich noch erinnern und versuchen Sie die darin enthaltenen Kompetenzen zu bestimmen.
Im letzten Schritt gehen Sie die Ergebnisse bitte durch und fragen Sie sich, was Sie davon heute noch bei sich erkennen können. Oft ist es so, dass eine große Zahl dieser Fähigkeiten erhalten geblieben ist. Sie ist nur auf andere Tätigkeiten und Situation bezogen. Sie werden die Kompetenzen Ihrer Kindheit und Schuljahre mitunter nicht in Ihrem Studium wiederfinden, sondern gelegentlich auch in ganz anderen Bereichen. Wenn Sie gerade eine Prüfungsphase hinter sich haben, kann es sein, dass Sie diese Dinge nicht wahrnehmen, weil Sie völlig abgelenkt waren. Manchmal braucht man Zeit, um bestimmte Kompetenzen als immer noch vorhandenen Bestandteil des eigenen Repertoires zu sehen.

Beispiel 1: Sie waren in Ihrer Jugend der Klassenclown. Sie waren gern bei Partys dabei, haben mitgefeiert, aber nichts organisiert, sondern alle unterhalten. Alle fanden Ihre Witze lustig. Sie haben die Stimmung ins Spiel gebracht. Welche Kompetenzen können Sie darin sehen? Einerseits offensichtlich Kreativität, Spontanität und Humor. Andererseits möglicherweise auch das Verständnis für die Situation, für die Wahrnehmung der verschiedenen Personen und ihre eigene Kommunikationsstruktur, ein bewusstes Spiel mit „erlaubt“ und „verboten“ – Sensibilität für Grenzen und Grenzüberschreitungen sowie die Möglichkeit, andere zu begeistern.

Beispiel 2: Sie haben sich für den Naturschutz in einer politischen Organisation engagiert. Mögliche Kompetenzen sind hier: Sensibilität für Umweltfragen, Grundkenntnisse von Ökologie verbunden mit Kenntnissen in Biologie und Chemie. Wenn Sie dann noch Kampagnenarbeit gemacht haben, dürften Sie verschiedene kommunikative Kompetenzen haben, wie Erklären, Überzeugen etc.

Bitte beachten Sie auch hier, dass alles, was Sie gemacht haben, Kompetenzen zeigt. Es geht nicht darum, ob Sie schon einen konkreten Job vor Augen haben, ob Sie die Sachen inzwischen lächerlich finden und nicht mehr tun würden o.ä., sondern es geht einfach darum, dass dies Teil Ihrer Biografie ist und Sie so die Möglichkeit haben, Ihre Kompetenzen herauszufinden

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